Im Coaching für HSP: sich verstanden und ernst genommen fühlen

Ich vermute, dass HSP überproportional häufig Unterstützung in einem Coaching suchen, da sie in problematischen Lebenslagen tendenziell mehr Leidensdruck verspüren als andere und überhaupt einen sehnlicheren Wunsch nach Verbesserung der Lebensqualität hegen.

Intensive Gespräche mit einer Person des Vertrauens haben eine ermutigende Wirkung. Es tut gut, mit jemandem ganz offen über sein Erleben und seine Gedanken sprechen zu können, mit seinen Sorgen, Nöten und Sehnsüchten verstanden und ernst genommen zu werden, förderliche Bestätigung zu bekommen.

Nicht jeder hat bei Bedarf in seinem persönlichen Umfeld geeignete Gesprächspartner, die das erfüllen können und die einen außerdem nicht mit Beschwichtigungen und Ratschlägen überhäufen und nicht beim erstbesten Stichwort anfangen, ausführlich von sich zu erzählen. Speziell in Krisenzeiten sind Lebenspartner, Freunde und Bekannte mit der Aufgabe auch einfach überfordert, zumal sie oft selbst Beteiligte sind und daher nicht unvoreingenommen, unparteiisch und frei von eigenen Interessen sein können.

Was Coaching generell leisten kann

Coaching bietet individuelle Unterstützung und Begleitung bei der Problembewältigung und Persönlichkeitsentwicklung. Coaching kann sich auf berufliche und private Anliegen beziehen und ist ein zeitlich begrenzter und lösungsorientierter Prozess. Coaching ist immer freiwillig. Grundlage des Coachings ist die auf Vertrauen und Akzeptanz basierende persönliche Beziehung zwischen Coach und Coachee. „Diese tragfähige Beziehung ermöglicht es, Anliegen zu klären, die ansonsten unausgesprochen bleiben.“ (Christopher Rauen, Coaching)


Der Coach arbeitet durchgängig mit transparenten Interventionen. Coaching hat einen interaktiven Verlauf und ist ergebnisoffen. Coach und Coachee arbeiten auf Augenhöhe zusammen, ein Beziehungsgefälle ist nicht erwünscht. Der Coach nimmt dem Coachee keine Aufgabe ab, liefert keine fertigen Lösungen, sondern unterstützt ihn darin, sie selbst zu lösen. Der Coach drängt keine Ideen, Meinungen und Wertvorstellungen auf, nimmt stets eine unabhängige Position ein, ist neutraler Feedbackgeber. Allein der Coachee ist verantwortlich für sein Handeln oder Nicht-Handeln.

Coaching ist Hilfe zur Selbsthilfe. Es zielt immer auf eine Förderung von Selbstwahrnehmung, Selbstreflexion, Bewusstsein, Selbstverantwortung und Eigenständigkeit ab. Der Coach wirkt darauf hin, dass der Coachee seine Ressourcen erschließt und einsetzt, neue Wahlmöglichkeiten im Denken und Handeln erkennt und nutzt, seinen Erlebens- und Handlungsspielraum erweitert und flexibilisiert, seine Selbstmanagementfähigkeiten ausbaut.

Es ist die ethische Verpflichtung des Coachs, dass er alle Informationen streng vertraulich behandelt.

Das Besondere am Coaching für HSP

Was ist anders? Ein Coaching für HSP ist im Grunde wie jedes andere Coaching auch, nur berücksichtigt es die hochsensible Wesensart und die hochsensible Erlebniswirklichkeit. Sehr hilfreich ist es, wenn der Coach selbst hochsensibel ist und daher Hochsensibilität aus der Innenperspektive kennt.

Mit welchen Anliegen kommen HSP ins Coaching? Sie wollen ihrem wahren Wesen und ihrer Berufung auf die Spur kommen, mehr Selbstsicherheit und Selbstvertrauen erlangen, Konflikte in Beziehungen klären und beilegen, Chancen und Möglichkeiten ausloten. Der Coach kann den Coachee darin begleiten, sich über die eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten noch bewusster zu werden und ihn in seiner Einschätzung stärken, die vor ihm liegenden Aufgaben, Anforderungen und auch Schwierigkeiten erfolgreich bewältigen zu können.

Was ist machbar? So verständlich das Bedürfnis nach Einflussnahme und Kontrolle auch ist, darf jedoch doch die Annahme, man könne gezielt Einfluss auf die Dinge, die Verhältnisse und die Welt nehmen und damit unkontrollierbare Faktoren wie äußere Umstände, andere Menschen oder den Zufall aushebeln (Machbarkeitsdenken), nicht überzogen werden. Gleichwohl stellt die Überzeugung, dass man etwas schaffen kann, eine wichtige Ressource dar.

Was brauchen HSP? Einen Coach, der ihre hochsensiblen Bedürfnisse und Belange ernst nimmt und berücksichtigt, der sie im noch besseren Verstehen, Einordnen und Akzeptieren ihrer Hochsensibilität begleitet, der mit einer in hohem Maße verständnisvollen, annehmenden und achtungsvollen Grundhaltung arbeitet.

Welchen Anspruch haben HSP? Ich denke, dass bei HSP die Hürde noch etwas höher liegt, bis sie sich bei einem Coach gut aufgehoben fühlen und Vertrauen fassen. Mehr noch als andere schauen sie hinter die professionelle Rolle des Coachs und erspüren den Menschen. Sie legen äußersten Wert auf Integrität, Authentizität und Wertschätzung.

Was ist gutes Coaching?

Was als ‚gut‘ beurteilt wird, ist natürlich sehr subjektiv. Es kommt ganz auf die Passung zwischen der individuellen Fragestellung und den persönlichen Erwartungen des Coachees einerseits und der Persönlichkeit und dem fachlichen Profil des Coachs andererseits an. Auf jeden Fall muss die Chemie zwischen Coach und Coachee stimmen, denn eine gute Arbeitsbeziehung ist einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren für ein Coaching.

Aus meiner Sicht ist ein Coaching dann gut, wenn es mehr bietet als einen standardisierten Verlauf mit vorgefertigten, stereotypen Techniken, wenn es auf einer ganz individuellen, lebendigen Mensch-zu-Mensch-Beziehung basiert, in der Situationsbezogenheit, Spontaneität, Humor und Herzlichkeit Raum haben.

Abgrenzung von Coaching und Therapie

Ein verantwortungsvoller Coach sollte die Grenze zwischen Coaching und Therapie ziehen können und bei ernsthaften psychischen Problemen mit Krankheitswert das Konsultieren eines entsprechenden Spezialisten (dringend) anraten. Psychotherapie, das heißt die Behandlung von Menschen mit psychischen und psychosomatischen Krankheiten, darf nur von entsprechend ausgebildeten Psychiatern und Psychotherapeuten (mit Einschränkungen auch von Heilpraktikern) durchgeführt werden.

Die Grenze zwischen Coaching und Therapie ist mitunter schwer zu ziehen, sie verläuft fließend. Klar ist jedoch: Spätestens wenn eine persönliche Krise zu schweren körperlichen Symptomen und/oder einer Depression und/oder Substanzmissbrauch führt, ist Coaching nicht mehr das Mittel der Wahl. Denn dann ist der Coachee nicht mehr ausreichend in der Lage, auf seine Fähigkeiten zur Selbstverantwortung, zur Selbstreflexion, zum Selbstmanagement und zur Verhaltensänderung zuzugreifen.

(Überarbeiteter Auszug aus dem Buch „Hochsensible Menschen im Coaching“ von
Ulrike Hensel, Junfermann Verlag, 2015)


Das Video zeigt, was ein Impuls-Coaching bei mir kennzeichnet und wie es abläuft.

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Ulrike Hensel

hat Angewandte Sprachwissenschaft studiert und sich ihr Leben lang für Kommunikation, Psychologie und Persönlichkeitsentwicklung interessiert. Seit 2010 ist sie als Coach für hochsensible Erwachsene tätig. In ihren Coachings und Gesprächsgruppen unterstützt sie Hochsensible darin, sich in ihrer hochsensiblen Wesensart anzunehmen und ihr privates und berufliches Leben im Einklang damit zu gestalten. Als Autorin möchte sie Erkenntnisse ermöglichen, ermutigen und inspirieren. Sie hat mittlerweile vier Bücher über Hochsensibilität beim Junfermann-Verlag geschrieben. Das Thema Hochsensibilität behandelt sie sachlich und neutral, verknüpft es vor allem mit dem der Kommunikation.

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