Abgrenzung von Hochsensibilität und Hochbegabung – Seite 2

Begriffsklärungen rund um Hochbegabung und Hochsensibilität

Im Zusammenhang mit Hochbegabung sind zum besseren Verständnis eine Reihe von Begriffen näher zu betrachten: Kognition, Intelligenz, Intelligenztest, Intelligenzquotient, Hochbegabung. Der Vollständigkeit halber dann auch noch eine Erklärung, was unter „Hochsensibilität“ zu verstehen ist. Getreu dem Zitat: „Der Beginn der Weisheit ist die Definition der Begriffe“ (Sokrates, griechischer Philosoph, 470-399 v. Chr.).

Schon vorab der Hinweis: Grundlage meiner Schlussfolgerung ist die Definition von „Hochbegabung“ nach dem Verständnis des Wissenschaftsgebiets der Intelligenzforschung.

Kognition

Kognition (lat. ,erkennen‘, ,erfahren‘, ,kennenlernen‘) ist ein uneinheitlich verwendeter Begriff, der sich auf menschliche Informationsverarbeitung und Informationsumgestaltung bezieht. Zu den kognitiven Fähigkeiten eines Menschen gehören unter anderem die Aufmerksamkeit, das Lernen, die Erkenntnis, das Planen, die Orientierung, die Vorstellung, die Argumentation. Oft ist mit Kognition das Denken in einem umfassenden Sinne gemeint, was bewusste und unbewusste Prozesse umfasst, in denen Neues gelernt und Wissen verarbeitet wird. (Quelle: Wikipedia; zusammengefasst aus https://de.wikipedia.org/wiki/Kognition)

Intelligenz

Wikipedia: „Intelligenz (von lat. Inter ‚zwischen‘ und legere ‚lesen, wählen‘, zu interlego ‚dazwischen ablesen/wählen‘ […], übertragen in der Bedeutung ‚auswählend verstehen‘) ist in der Psychologie ein Sammelbegriff für die kognitive Leistungsfähigkeit des Menschen.“ (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Intelligenz)

Andrea Brackmann: „Es gibt in der Forschung verschiedene Formen und Definitionen von Intelligenz. Weitgehend einig ist man sich darüber, dass Intelligenz die Fähigkeit ist, sich in neuen Situationen aufgrund von Einsichten zurechtzufinden und Probleme konkreter oder abstrakter Art zu lösen.“ (Quelle: Andrea Brackmann, „Ganz normal hochbegabt – Leben als hochbegabter Erwachsener“)

Tübinger Institut für Hochbegabung unter der Überschrift „Was ist Hochbegabung?“: „Zum Begriff der Intelligenz gibt es eine Vielzahl von Definitionen. Die meisten Definitionen stimmen darin überein, dass es sich bei Intelligenz um die Art der Bewältigung einer aktuellen Situation handelt. […] Intellektuelle Begabung beinhaltet nach modernen Definitionen eine schnelle Auffassungsgabe, gute Lernfähigkeit, räumliches Vorstellungsvermögen, logisches und abstraktes Denken, sprich besondere geistige Leistungen in vielen Bereichen.“ (Quelle: http://www.tuebingerinstitut-hb.de/ – aufgerufen Juni 2013, Text inzwischen verändert)

Wissensplattform www.planet-wissen.de: „Intelligenz ist, vereinfacht ausgedrückt, die Fähigkeit, Probleme und Aufgaben effektiv und schnell zu lösen und sich in ungewohnten Situationen zurecht zu finden.“ Weiter heißt es: „Trotzdem ringt die Wissenschaft seit mehr als 100 Jahren um eine zutreffende und umfassende Definition. Ein Teil der Wissenschaftler geht von einem einzigen, bereichsübergreifenden Intelligenzfaktor, dem ‚Generalfaktor g‘ aus, der unterschiedlich hoch sein kann. Andere Forscher wiederum befürworten eine ganze Palette voneinander relativ unabhängiger Intelligenzen wie verbales Verständnis, räumliches Vorstellungsvermögen, Gedächtnis und Zahlenverständnis.“ (www.planet-wissen.de – aufgerufen 2013. Unterseite nicht mehr verfügbar)

Hochbegabtenverein Mensa unter der Überschrift „Intelligenzforschung und IQ-Tests“: „Intelligenz ist ein komplexes Konstrukt, es ist gekennzeichnet durch eine Vielzahl von Teilfähigkeiten oder Fähigkeitsbereichen […].Das Intensitätsniveau der Konzentrationsfähigkeit und Verarbeitungskapazität, Aufgabenerkennung und Aufgabenerfassung, Wissensorganisation und Wissensreproduktion ist hier von großer Bedeutung.“ (Quelle: www.mensa.de, aufgerufen im Mai 2012. Website inzwischen verändert.)

Intelligenzquotient

Wikipedia: „Der Intelligenzquotient (IQ) ist eine Kenngröße zur Bewertung des allgemeinen intellektuellen Leistungsvermögens (Intelligenz) eines Menschen. Er wird mit einem Intelligenztest ermittelt und vergleicht die Intelligenz eines Menschen mit dem […] geschätzten Durchschnitt der Gesamtbevölkerung im selben Zeitraum und im vergleichbaren Alter. Dieser Durchschnittswert wird im Allgemeinen als 100 definiert.“ (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Intelligenzquotient)

Hochbegabtenverein Mensa unter der Überschrift „Was ist eigentlich der IQ?“: „Der Intelligenzquotient wurde von Wissenschaftlern definiert, um Aussagen über die relative Intelligenz von Menschen machen zu können. Was ist Intelligenz? Eine eindeutige, allgemein anerkannte Definition gibt es nicht. In der Wissenschaft gibt es ausführliche Umschreibungen wie die, Intelligenz sei die Leistungsfähigkeit bei der Bewältigung unbekannter Aufgaben, aber auch die Kurzformel ‚Intelligenz ist, was der Intelligenztest misst‘. […] Der IQ wird allgemein als Maßstab für Intelligenz verstanden, doch ein Test kann nur bestimmte Fähigkeiten untersuchen, etwa logisches Denken oder räumliches Vorstellungsvermögen. Andere Aspekte der geistigen Leistungsfähigkeit entziehen sich dagegen einem standardisierten Untersuchungsverfahren. Das gilt für die Kreativität, aber auch für die sogenannte soziale Intelligenz, die ein Mensch beim Umgang mit anderen an den Tag legt. Trotz der bekannten Unzulänglichkeiten bleiben IQ-Tests das beste Untersuchungsinstrument für die Intelligenz, das uns zur Verfügung steht.“ (Quelle: MinD, Mensa in Deutschland e.V., https://www.mensa.de/ueber-den-iq/ – aufgerufen am 7.3.15)

Intelligenztest (IQ-Test)

Ein IQ-Test ist ein Instrument zur Messung der generellen Intelligenz. Die meisten in Deutschland üblichen IQ-Tests sind so geeicht, dass der durchschnittliche Kandidat einen Wert von 100 erreicht. 110 gilt als überdurchschnittlich, 120–130 als weit überdurchschnittlich und bei einem Wert von 130 und mehr spricht man von Hochbegabung, ab 145 von Höchstbegabung.

Die verschiedenen verfügbaren Tests für unterschiedliche Zielgruppen und Anwendungsfälle unterscheiden sich zum Teil erheblich voneinander und erfassen je nach zugrundeliegender Theorie unterschiedliche Teilbereiche der Intelligenz. Es kommt also nicht selten vor, dass ein Mensch in zwei verschiedenen IQ-Tests unterschiedliche Ergebnisse erreicht.
(Mehr Infos: https://de.wikipedia.org/wiki/Intelligenztest#Allgemeines)

Der weltweite Hochbegabtenverein Mensa, dem nur Menschen mit einem IQ-Testergebnis von 130 und höher beitreten können, bietet einen normierten, wissenschaftlichen IQ-Test an, der als Gruppentest durchgeführt wird und sich auf die Ermittlung des IQ-Wertes beschränkt, also kein differenziertes Begabungsprofil und keine Hilfestellung bei Problemen bietet. (https://www.mensa.de/intelligenztest/)

Hochbegabung

Tübinger Institut für Hochbegabung: „In der aktuellen Forschung existiert keine einheitliche Definition von Hochbegabung. Gemeinsam ist allen verschiedenen Modellen jedoch das Vorliegen einer sehr weit überdurchschnittlichen intellektuellen Leistungsfähigkeit. […] Traditionell werden Menschen als „hochbegabt“ bezeichnet, die in einem Intelligenztest einen Intelligenzquotienten (IQ) von 130 bzw. einen Prozentrang von 97,7 und höher erreichen. Der Prozentrang gibt dabei an, wie viel Prozent der Vergleichsgruppe gleich große oder kleinere Werte erzielt. Ein Prozentrang von 97,7 bedeutet beispielsweise, dass nur 2,3 Prozent der gleichaltrigen Kinder gleich große oder bessere Werte erzielt, d.h. dass das Kind zu den 2,3 Prozent der Besten gehört. Ein Prozentrang von 50 kennzeichnet ein durchschnittliches Ergebnis. Nach dieser Definition sind zwei bis drei Prozent der Bevölkerung als hochbegabt zu bezeichnen.“ (Quelle: http://www.tuebingerinstitut-hb.de/informationen-ueber-hochbegabung/was-versteht-man-unter-hochbegabung/ 19.7.15)

Wikipedia: „Hochbegabung ist eine weit über dem Durchschnitt liegende intellektuelle Begabung eines Menschen. […] Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass es einen Generalfaktor der Intelligenz („g“) gebe. Das Konstrukt ‚Hochbegabung‘ nimmt an, dass es […] möglich ist, Menschen hinsichtlich ihrer intellektuellen Befähigungen in verschiedene Gruppen einteilen zu können. Als hochbegabt bezeichnet man Menschen, deren Testergebnis in einem standardisierten Intelligenztest mindestens zwei Standardabweichungen über dem Mittelwert aller Getesteten liegt; Hochbegabte sind daher per definitionem selten. […] Dies sind also Menschen, die einen IQ erreichen, der von höchstens 2,2 % [Anm.: genauer 2,27 %] ihrer Mitmenschen erreicht oder übertroffen wird. Auf der in Deutschland verwendeten Skala entspricht dieser Grenzwert einem IQ-Wert von 130.“ (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Hochbegabung – aufgerufen 01.05.2015)

Hochsensibilität

„Hochsensibilität“ bezeichnet eine im Vergleich zur Mehrheit der Menschen höhere Empfänglichkeit und Empfindlichkeit gegenüber äußeren und inneren Reizen aufgrund einer veranlagungsbedingten besonderen Konstitution der Reize verarbeitenden neuronalen Systeme. Hochsensibilität gilt als ein beständiges Persönlichkeitsmerkmal von 15 bis 20 Prozent der Menschen, Männern wie Frauen. Kennzeichnend sind eine umfangreiche, nuancenreiche und subtile Wahrnehmung, eine tiefgehende, komplexe und differenzierte gedankliche Verarbeitung von Informationen, eine hohe Gefühlsintensität und emotionale Reaktivität, eine generelle leichte Übererregbarkeit und ein langes Nachhallen der Eindrücke.

Elaine Aron, die US-amerikanische Psychologin und Psychotherapeutin, die die Begründerin des Konzepts Hochsensibilität ist, nennt in ihren neueren Veröffentlichungen vier wesentliche Indikatoren für das Erkennen von Hochsensibilität: Verarbeitungstiefe (Depth of Processing), Übererregbarkeit (Overarousability), Emotionale Intensität (Emotional Intensity) und Sinnessensibilität (Sensory Sensitivity).

An erster Stelle nennt Aron interessanterweise nicht die Sinnensensibilität, auf die Hochsensibilität in den Medien bisweilen reduziert wird, sondern die Verarbeitungstiefe. Die gründliche Verarbeitung von aufgenommenen Informationen sei eine ganz grundlegende Eigenschaft von hochsensiblen Personen (abgekürzt HSP). Ein aufmerksames, detailliertes Beobachten und ein vertieftes Nachdenken gehen bei HSP dem Sprechen und Handeln voran. Was immer HSP bemerken, wird mit ähnlichen Dingen oder Geschehnissen aus ihrem Erfahrungsschatz verknüpft und verglichen. Bei der Entscheidungsfindung werden verfügbare Informationen sorgfältig ausgewertet und Optionen durchdacht. HSP haben eine gute Auffassungsgabe, sie verarbeiten Gedanken und Gefühle intensiver und vernetzter als Nicht-HSP. Studien zufolge können komplexe Wahrnehmungsaufgaben von ihnen leichter gelöst werden. (Die übergreifende, vernetzte, vorausschauende Art zu denken sowie die Fähigkeit zur Abstraktion und zur Analogienbildung sind es, die HSP auf den Gedanken bringen kann, sie seien hochbegabt.)

Seite 1: Verquickung von Hochbegabung und Hochsensibilität in manchen Büchern
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Seite 3: Das Konzept der Hochbegabung in Frage gestellt
​Seite 4: Gehen Hochbegabung und Hochsensibilität Hand in Hand?
Seite 5: Trotz Gemeinsamkeiten die Phänomene auseinander halten

Ulrike Hensel

hat Angewandte Sprachwissenschaft studiert und sich ihr Leben lang für Kommunikation, Psychologie und Persönlichkeitsentwicklung interessiert. Seit 2010 ist sie als Coach für hochsensible Erwachsene tätig. In ihren Coachings und Gesprächsgruppen unterstützt sie Hochsensible darin, sich in ihrer hochsensiblen Wesensart anzunehmen und ihr privates und berufliches Leben im Einklang damit zu gestalten. Als Autorin möchte sie Erkenntnisse ermöglichen, ermutigen und inspirieren. Sie hat mittlerweile vier Bücher über Hochsensibilität beim Junfermann-Verlag geschrieben. Das Thema Hochsensibilität behandelt sie sachlich und neutral, verknüpft es vor allem mit dem der Kommunikation.

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